In Flammen Open Air 2013 – ein besonderes Festival mit Kuchenparty

Schon die Ankunft am Gelände machte klar, dass es sich beim In Flammen Open Air um ein besonderes Festival handelt: Keine strenge Umzäunung, lockeres Personal und eine überschaubare Größe machten Hunger auf die kommenden Tage. Aber schon beim Campaufbau fiel eine kleine Schattenseite der Lokalität auf und so stellten wir fest, dass der gesamte Campingplatz an mehreren Stellen von getrocknetem Analabfall nicht genauer definierbarer, grasfressender Nutztiere übersät war. Höchst unbeeindruckt wurde das Camp bereinigt (denn wofür hat man sonst seine Stiefel dabei). Der Rest des Donnerstags wurde dann standesgemäß mit den Campnachbarn begangen und durch Zuhilfenahme von diversen Kaltgetränken (unter anderem eine teuflische Wodka/Ginger-Ale/Gurke Mischung) äußerst erfolgreich abgeschlossen.

Rückblick In Flammen Open Air 2013

In Flammen Open Air 2013 - ein besonderes Festival mit Kuchenparty
In Flammen Open Air 2013 – ein besonderes Festival mit Kuchenparty

In Flammen Open Air 2013 Freitag

Am Freitagmorgen erlitt die am Vorabend aufgebaute Motivation jedoch einen herben Rückschlag. Die in den letzten Jahren durch ihre Taten auf bekannten und großen Festivals zu zweifelhafter Bekanntheit erlangten Diebesbanden hatten ebenfalls den Weg in den Torgauer Entenfang gefunden und eine Vielzahl von Zelten (unter anderem unsere und die unserer Nachbarn) geöffnet und durchwühlt. Verluste von Wertgegenständen aller Art waren auf dem kompletten Gelände zu beklagen. Dieses Stimmungstief wurde glücklicherweise im Laufe des Vormittags überwunden und so konnten am frühen Nachmittag die Bands die Bühne, die sich ein wenig versteckt in einem Baumhain befand, erobern. Wir machten uns dann mit dem ein oder anderen Kofferraum gekühlten Gerstensaft im Alugehäuse auf den Weg und entdeckten einen weiteren Pluspunkt des IFOA: Jeder Besucher konnte seine Getränke vom Zelt mit vor die Bühne bringen, da das gesamte Gelände in sich zusammenhing. Keine weitere Umzäunung oder Kontrolle um zur Bühne zu gelangen. So harrten wir also der Dinge, die da kommen sollten.

Den Anfang machten die Lokalmatadoren Toxic Beast aus Leipzig. Ihr angeschwärzter Thrash fand allerdings zu dieser frühen Stunde nicht bei allen Besuchern anklang und so war es vor der Bühne noch recht spärlich besucht. Die junge Truppe machte auf der Bühne aber einen ordentlichen Eindruck und war ein würdiger Opener. In der kurzen Umbaupause warfen wir einen Blick auf das Portfolio der festivaleigenen Schänke und staunten nicht schlecht über Getränkenamen wie „Froschkotze“, „Sackgang“, „Botze“ oder „Eselsmilch“, die es neben den gemeinhin bekannten Erfrischungen zu erwerben gab. Die Ratzeburger Todesmetaller Fleshcult standen als nächstes auf dem Programm und bespaßten die Fans mit ihrem Death Metal, der mit einer Spur Black aufgepeppt wurde. Die Songs, denen man eine durchaus Behemoth- inspirierte Note nicht absprechen konnte, gingen gut in den Nacken und Frontmann Stefan holte einiges an Stimme aus sich heraus. Nur was ihn bei den Temperaturen geritten hat im dunkelgrauen Ledermantel auf die Bühne zu kommen wird wohl sein Geheimnis bleiben. Alles in allem ein gelungener Auftritt. Während des folgenden Gigs der bayrischen „Electro Black Metal“ Combo Contaminant wurde der einsetzende Hunger und Bierdurst erst einmal gestillt, so dass nur ein kleiner Teil des Konzerts gesehen wurde. Was mir persönlich bei der musikalischen Ausrichtung des Quintetts nicht wirklich schwergefallen ist. Der moderne und experimentelle Sound fand jedoch bei einigen Fans anklang und so füllte sich der Raum vor der Bühne zusehends.


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Der Rest des Nachmittags wurde dann auf dem Zeltplatz verbracht wo man mit einigen Fans ins Gespräch kam, die schon häufiger das IFOA besucht hatten. Hier festigte sich der Eindruck, den auch wir bereits vom Festival gemacht hatten. Familiär, Fan-nah und ohne aufgeblasene Kommerzialisierung wird Metal gefeiert. Zum frühen Abend lockten dann die aus Malaysia eingeflogenen Old-School-Death Metaller von Humiliation zum schweren, nackenbrechenden Schlachtfest. Ganz im Geiste europäischer Death Metal Legenden wie Dismember, Entombed oder Morgoth wurde von den sympathischen Malaysiern aus Kuala Lumpur ein hämmerndes Brett abgeliefert. Für mich persönlich eine der Neuentdeckungen, die das IFOA dieses Jahr im petto haben sollte. Der Death Metal Kurs wurde weiter verfolgt und das erste geplante Highlight des Tages betrat die Bühne: Die Kanadier von Cryptopsy sorgten mit ihrem technischen und brutalen Death Metal für wahnsinnige Stimmung und exzessivste Circle Pits.

Frontgrunzer Matt McGachy holte alles aus seinem Organ was ging und trotz völlig unverständlichen Grunts und Growls hatte man das Gefühl, dass er etwas zu sagen hatte. Die Bühnenpräsenz war einmalig und die knappen 50 Minuten waren ein Fest für Freunde des extremeren Death Metal. Anschließend wurde es finster-monoton mit dem Kieler Black-Metal-Schlachtschiff Endstille. Die Jungs aus dem hohen Norden sind zurzeit äußerst erfolgreich und boten während ihres Auftritts einen Querschnitt aus ihren bisherigen Veröffentlichungen und Songs wie „Frühlingserwachen“ oder „Navigator“ wurden vom Publikum entsprechend gefeiert. Überraschung beim Gig war der Anblick des neu hinzugestoßenen Gitarristen B. Killed, seines Zeichens auch bekannt als Fronter der Death/Thrash Kombo Kilt. Seit dem Ausstieg des Endstille-Mitgründers Iblis hat sich scheinbar einiges in der Band getan. Inwiefern das Fans der Frühwerke gefällt oder nicht sei jedem selbst überlassen. Der Auftritt an sich war auf jeden Fall gelungen, auch wenn es hier und da das ein oder andere Tonproblemchen gab.


Endstille – Endstilles Reich

Die durchschlagendste Waffe dieser vier Leute ist verdammt hässlich aggressiver Black Metal mit der Schnelligkeit eines MG42-Feuers und der Kraft einer schweren Schiffsartillerie. So tönt es zumindest aus allen PR-Ecken. Ob das auch für das neue Album „Endstilles Reich“ gilt, wird sich herausstellen. Der Titel ist auf jeden Fall recht provokativ. Natürlich werden sich einige Leute darüber unter Garantie mal wieder den Mund zerreißen. Da die Band aber schon unmissverständlich ihren politischen Standpunkt erläutert hat, will ich nicht weiter darauf eingehen.
Aus musikalischer Sicht kann ich dem Vergleich mit dem MG42 und der Artillerie nur Zustimmen. Einen ganz wesentlichen Teil dazu trägt Mayhemic Destructer bei. Der Zauberer hinter der Schießbude knüppelt wie auch schon auf den Vorgängeralben alles in Grund und Boden und fungiert somit als wesentlich tragender Teil der Band. Die Energie, mit der dieser Mensch sein Drumkit bearbeitet ist einfach immer noch unglaublich.

Auch die Gitarrenklänge von L. Wachtfels haben es in sich. Zwar sind diese relativ einfach gestrickt, versetzen den Hörer aber dennoch in einen tranceartigen Zustand. Herrlich disharmonisch fräsen sich die Riffs ihren Weg aus den Boxen.Dem steht auch der Gesang Iblis‘ in nichts nach. Sein Markenzeichen, eines der hasserfülltesten Gekeife in der deutschen Black Metal –Szene ist auch auf diesem Silberling nahezu allgegenwärtig. Unterstützung erfährt er hier wie auch schon auf den anderen Alben von Cruor, welcher auch den Bass bedient. Ohne diese stimmliche Hilfe würden Iblis die Stimmbänder wahrscheinlich auch schon irgendwo in der Nase hängen. Mit „Endstilles Reich“ haben es die Jungs aus Kiel geschafft an das erfolgreiche „Navigator“-Album anzuknüpfen. Die Produktion ist durchweg sauber und sehr gut abgemischt. Auch finden sich, wie auch schon auf dem Vorgänger, Songs zum fröhlichen Mitschreien. Ein passendes Beispiel dafür ist unter anderem der Song „Vorwärts! (Sturmangriff II)“.

Der ist sogar im Vergleich recht langsam geraten. Das hat allerdings in Bezug aufs Matte schütteln keinen negativen Einfluss. Ganz im Gegenteil, es fällt schwer, die Rübe stillzuhalten. Ansonsten befinden sich auf der Platte in gewohnter Weise wieder Auf-die-Fresse-Songs, die einem das Essen aus der Schnabeltasse erleichtern werden.Ein kleiner Wehmutstropfen ist allerdings, dass sich Endstille im Vergleich zum Vorgängeralbum nicht wirklich weiterentwickelt haben. Ich will damit nicht sagen, dass sich eine Band gezwungenermaßen von Album zu Album weiterentwickeln MUSS, aber dieses Album könnte auch ebenso gut den Namen „Navigator“ tragen. Es hat sich also in musikalischer Hinsicht nicht wirklich etwas verändert. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass es kaum extremer geht. Schließlich haben sich Endstille mit ihrer Knüppel-aus-dem-Sack-Mucke einen weltweiten Namen gemacht. Somit kann ich jedem Menschen, der Endstille mag, diese Scheibe nur wärmstens empfehlen. Für Neueinsteiger im Black Metal könnte „Endstilles Reich“ ein wenig zu brachial daherkommen.


Nach dem Ausflug in die schwarzen Gefilde wandte man sich im Programm zum späteren Abend noch einmal dem Death Metal und meinem persönlichen Höhepunkt des Abends zu. Die kalifornischen Gore Metaller von Exhumed gaben sich die Ehre und legten mit ihrer unfassbaren und unverkennbaren Mischung aus Death, Thrash und einer Spur Grindcore einen Mörderauftritt hin, bei dem sie es sich nicht haben nehmen lassen für ein wenig Show zu sorgen. So kam man als Zuschauer in den Genuss einer knarrenden Kettensäge, einer Elektroschock Therapie und einer Bier-Wiederbelebung.

Der Auftritt verwandelte die kleine Lichtung in einen Hexenkessel und nach der Show konnte ich im Backstage-Bereich sogar bei dem ein oder anderen Bierchen mit dem Kopf und dem Gründer von Exhumed, Matt Harvey, noch ein paar Worte über seine Musik, seinen Auftritt als Sänger bei Death To All und über das kommende Exhumed Album „Necromocracy“ wechseln. Der Abend wurde nach dem Geprügel der Kalifornier von einer inzwischen schon fast legendären Black Metal Kombo wieder in eine morbidere und tiefschwarze Richtung gelenkt: Inquisition stand auf dem Plan und das Duo Dagon/Incubus überzeugte mit seiner Perfomance und bewies, dass für ein Black Metal Konzert Gitarren und Schlagzeug ausreichen können. Atmosphärischer und stimmungsvoller als bei den Kolumbianern bzw. Wahl- Amerikanern ging es bei keiner anderen Black Band auf dem IFOA zu. Den Rausschmeißer des Abends gaben die Herren Dragonsfire die mit Ihrem melodischen Heavy bzw. Power Metal schon ein wenig aus der Reihe fielen. Der Abend wurde dementsprechend beendet und ein Großteil des Publikums machte sich zu Bier und Nachtmahl auf zu den Zelten.


Exhumed – Necrocracy

Nachdem Kopf und Gründer Matt Harvey seine Gore-Truppe vor zwei Jahren im wahrsten Sinne des Wortes exhumiert hat und mit „All Guts, No Glory“ einen wüsten und brutalen Mix aus Thrash und extremen Death Metal gezaubert hat, haben sich die Gorefetischisten erneut umstrukturiert. So kamen als Neuzugänge Rob Babcock am Bass, Mike Hamilton an den Drums und Bud Burke als zweiter Gitarrist hinzu. Letzterer dürfte dem geneigten Exhumed-Fan kein Unbekannter sein, da dieser bereits auf dem Album „Anatomy is Destiny“ und mehreren Splitveröffentlichungen zu hören war. Mit diesem frischen, regenerierten Line Up ist Exhumed ein Album gelungen, das sich in einigen Punkten vom Vorgänger abhebt. So fällt direkt beim Songwriting auf, dass sich die Herren in etwas eingängigere Gefilde begeben. Auch die Produktion ist noch etwas klarer als auf dem Vorgänger. Inzwischen ein gigantischer Unterschied zu dem, was Matt Harvey in der Anfangszeit unter dem Banner Exhumed veröffentlichte. „Necrocracy“ lässt auch textlich eine gewisse Veränderung oder auch Weiterentwicklung erkennen: Zwischen den obligatorischen Gedärmen und blutigen Textzeilen schimmern durchaus ernstere Töne durch.

Doch wollen wir uns das Ganze mal ein wenig im Detail anschauen: Schon der Opener „Coins Upon The Eyes“ ist äußert groovig, brettert aber derbe durch die Boxen, und man merkt direkt, dass man es mit Exhumed zu tun hat. Der markante Wechsel zwischen Kreischen und Growlen ist unverkennbar. Stellenweise erinnert der Sound an andere Gore-Größen wie beispielsweise die legendären Carcass. Ein solider Opener, der nicht einfach nur an das Vorgängeralbum anknüpft, sondern direkt den Beweis liefert, dass die Band sich entwickelt hat. Mit dem folgenden „The Shape Of Deaths To Come'“ legt man sogar noch eine Schüppe Groove drauf. Eingängige Riffs und hämmernde Drums dominieren bei diesem Track. Auch wenn hierbei ein wenig auf die sonst typische Brutalität verzichtet wird, so macht der Song durchweg Laune. Beim Titeltrack werden die Schrauben wieder ein wenig fester gezogen und man knüppelt sich wieder ein wenig heftiger nach vorne. Eine besondere Überraschung stellt sich bei „Dysmorphic“ ein: Im Mittelteil präsentieren die Amis einen lupenreinen Akustikpart. Eine völliges Novum auf Tonträgern der Marke Exhumed. In altbekannte Fahrwasser begeben sich die Herren mit dem Song „Sickened“. Ein brutales Stück, das ohne Gefangene zu machen nach vorne prescht. Durchaus ein Highlight der Scheibe, das so auch auf „All Guts, No Glory“ hätte Platz finden können. Ein weiteres Highlight ist das Geknüppel bei „Carrion Call“. Auch hier geht es ohne Bremse nach vorne. Der Nacken wird bei diesem Song derbe beansprucht, und es ist mein persönliches Lieblingsstück auf dem Album. Hier werden alle oben genannten Punkte zusammengefasst und die komplette Bandbreite des Albums lässt sich in diesem Stück wiederfinden. Als Rausschmeißer fungiert, das Stück „The Rotting“, und auch hier wird wieder stark gegroovt.

Alles in allem ist „Necrocracy“ ein starkes Album und für die Verhältnisse einer Band wie Exhumed sehr abwechslungsreich. Fans der frühen Goregrind-Veröffentlichungen werden sich mit Sicherheit fragen, was da passiert ist, aber im Endeffekt haben Matt Harvey und seine Mitstreiter alles richtig gemacht und ein modernes Death Metal-Brett gezimmert, das seine Wurzeln nicht im Geringsten verleugnet.

Tracklist:
1. Coins upon the Eyes
2. The Shape of Deaths to Come
3. Necrocracy
4. Dysmorphic
5. Sickened
6. (So Passes) The Glory of Death
7. Ravening
8. The Carrion Call
9. The Rotting

In Flammen Open Air 2013 Samstag

Hatte es am Freitagmorgen noch einen kurzen, aber heftigen Schauer gegeben, so war der Samstag durchgehend sonnig und äußerst heiß. Das feucht-warme Wetter und die voran gegangene Hochwassersituation ergaben ideale Voraussetzungen für weitere ungebetene Gäste neben den dreisten Langfingern aus der Nacht von Donnerstag auf Freitag: Mücken und zwar eine absurd hohe Anzahl. Hatten die meisten in unserem Camp Glück und wurden verschont, so hatte es mich recht bitter getroffen. Nichtsdestotrotz war die Motivation für den zweiten und somit auch schon den letzen Tag immer noch ausgezeichnet. Den Vormittag verbrachte man wie die Tage zuvor mit dem ein oder anderen Kaltgetränk, einem gegrillten Stück Fleisch und einem Gang in Richtung Torgau. Gegen 13 Uhr sollte es dann wieder zur Sache gehen. Den Startschuss gaben die Modern Thrash Metaller von Prophets Of The Rising Dead. Angesichts der direkten Vergleichsmöglichkeit zum Vortag war meine Reaktion ein wenig verhalten auf den modernen Sound der Jungs aus Sachsen-Anhalt, der auch einiges an verschiedenen anderen Einflüssen beinhaltete. Der schon fast undankbare Openerposten verlangte zusätzlich Tribut und so war es auch noch nicht wirklich stark besucht. Dies änderte sich allerdings als die Veranstalter zu etwas aufriefen, „das die Metal Welt noch nicht erlebt hat“. Eine knappe Stunde lang spendierten die Veranstalter den Bands und den Fans ein metallisches Kaffeekränzchen mit Kuchen und jeder Menge Kaffee für lau. Dieses Angebot wurde von vielen Gästen mehr als willkommen aufgenommen und so konnte man sich in fast Familienfest ähnlicher Atmosphäre auf den nächsten Act vorbereiten. Und dieser sollte es in sich haben. Die Brutal Death Metal Kapelle Torture The Mass ballerte den Fans vor der Bühne ein slammendes Gedresche um die Ohren, dass in jedem Fall mit den Großen dieser Stilrichtung wie Devourment oder Kraanium mithalten konnte. Besonders Fronter Üppel wusste für Stimmung zu sorgen: Mit kurzen amüsanten Ansagen und Sprüchen lockerte er sein bestialisches Gegrunze auf und der Gig erwies als Geheimtip für alle Anhänger des Extremen. Leider schienen die Herren nicht auf der physischen Höhe ihrer Fertigkeiten zu sein, so dass ein Song abgebrochen (später zwar nachgeholt) wurde und anstatt der vollen 35 Minuten nach knapp 20-25 Minuten schon Schicht im Schacht war. In jedem Fall aber eine Band, die man als Anhänger von brutaler Guttural-Poesie im Hinterkopf behalten sollte.

Der Nachmittag wurde eingeläutet mit den Schwarzmetallern von Arroganz, die als erste von drei Black Metal Kombos die Fans der finsteren Töne beglückte. Die Nachfolger auf der Bühne sorgten dann für ein etwas anderes Bild, welches unterschiedlicher nicht hätte sein können. Die holländischen Porngrind Virtuosen von Rompeprop verwandelten die vorher überwiegend schwarz gekleidete Menschenansammlung in einen Mix aus bunten Tierkostümen, Badehosen, hässlichen Sonnenbrillen und Kunstblut. Zum Introsong in Form eines holländischen Schlagers kamen die Fäkalpoeten in OP-Kitteln auf die Bühne und starteten mit Ihrem Grindgeballer und der per Pitch-Shifter verzerrten Stimme zu einer knappen Dreiviertelstunde purer Sinnlosigkeit, die stimmungstechnisch schon Ballermann Ausmaße annahm. Das Ganze hat in jedem Fall Fans, die dieses Treiben mitmachen und abfeiern. Ich selbst wurde mit dem Spektakel nicht wirklich warm und war froh um jede Dose Hopfenkaltschale, die diesen Anblick erträglicher machte. Um sich anschließend von dem Gesehenen und dem Gehörten zu erholen wurde erneut der im Camp befindliche Grill angeschmissen. Bandtechnisch sollte sich das im Nachhinein als Fehler herausstellen, denn so verpasste ich die indischen Kryptos, die ähnlich den Jungs von Humiliation am Vortag, aus einem eher metaluntypischen Land stammen. Das Quartett aus Bangalor muss eine sehenswerte Show abgeliefert und mit ihrem Mix aus Heavy und Thrash einige neue Fans gewonnen haben. Die Meinungen von mehreren Seiten gingen alle in diese Richtung.

Nach diesem exotischen Ausflug wurde es wieder äußerst europäisch und die schwedischen Black Metaller von Ondskapt betraten die Bühne. Da die Auftritte der Schweden hierzulande recht rar gesät sind, war es schon fast eine Pflichtveranstaltung sich dieses Black Metal Spektakel genauer anzuschauen und man wurde nicht enttäuscht. Schwedischer Black Metal, der dem von Bands wie Watain und Marduk in nichts nachsteht, mit einer rohen und authentischen Bühnenshow, bei der Sänger Acerbus auch mal ein kräftigen Schluck aus einem eisernen Kelch nahm und das darin befindliche (Kunst-?)Blut in die vorderen Reihen spie. Die zahlreichen Black Metal Anhänger im Publikum kamen voll und ganz auf ihre Kosten. In eine völlig andere Richtung ging es mit der nächsten Kapelle, die auf dem Plan stand. Die deutschen Funeral Doom Jünger Ahab entführten das Publikum in die Weite der Ozeane und bremsten das Durchschnittstempo aller Bands deutlich ab. Großartige Kompositionen, die ein hohes Maß an Atmosphäre erschufen, rollten donnernd aus den Boxen. Allerdings für meinen Geschmack leider nicht wirklich festivaltauglich, da es sich bei dieser Spielart des Doom Metal nicht um Musik handelt, die exzessive Partystimmung erzeugt.


Ahab – The Call Of The Wretched Sea

Vielleicht haben sie es auch geschafft, aber ich hab ́s nicht verstanden. Die Klänge, welche da aus meinen Boxen dröhnen würde ich nur mit Gewalt unter Waljagd einordnen. Irgendwie ist es mehr wie ein Lavasee, statt wie ein Ozean. Die gesamte Scheibe klingt irgendwie gleich. Langsam, zähflüssig und nur zu ganz seltenen Momenten mal ein Hauch von interessanten Melodien. Aber die gehen meistens in dem noisigen Krach unter, den die drei Jungs da auf CD gebannt haben. Die Gitarren scheppern sich langsam von Song zu Song, aber das kann man eigentlich nie so genau sagen. Das ganze könnte auch ein einziger Song sein.

Wirklich viel Vielfalt oder Abwechslung gibt’s hier nicht zu entdecken. Besonders das Drumspiel langweilt mit unglaublicher Eintönigkeit. Ich weiß jetzt eigentlich auch gar nicht, was ich noch schreiben soll. Die Platte ist stinklangweilig, enthält keinen Hit und ist, bis auf das Cover, einfach nur schlecht. Ich würde den Anhängern von Bands wie Sun O))) ja gerne noch einen Song ans Ohr legen, aber ich wüsste wirklich nicht welchen. Es sticht einfach kein einziger aus dem Haferschleim heraus.


Ganz anders wurde es bei Ungarn Ektomorf. Die Band um die Brüder Zoltán und Csaba Farkas brannten ein rhythmisches Feuerwerk im Stile der späteren Sepultura (Roots) und Soulfly ab. Die Energie von der Bühne schwappte auf den Acker davor über und fast das gesamte Publikum war in Bewegung. Nachdem der moderne und von folkloristischen Einflüssen getränkte Sound der Ungarn verklungen war wurde es extrem voll vor der Bühne und auch wieder deutlich düsterer.

Nargaroths Auftritt stand an und scheinbar jeder auf dem Festival wollte das Konzert von René Wagner a.k.a. Kanwulf a.k.a. Ash miterleben. Bereits im Vorfeld gab der Auftritt Gesprächsstoff in den Campingstuhl-Sitzkreisen des Zeltplatzes. „Was wird wohl passieren?“ war eine Frage, die man sich stellte. Nicht übermäßig motiviert, jedoch äußerst interessiert stellten wir uns in die erhöhten hinteren Reihen um einen guten Blick auf das kommende Geschehen zu haben. Nach einem sakralen Intro ging es los und ich muss sagen: Selten, wenn nicht sogar noch nie, habe ich einen ähnlichen zwiespältigen Auftritt erlebt. Auf der einen Seite gab es Old-School-Black Metal auf die Mütze, bei dem jeden Anhänger früher Darkthrone, Burzum oder Gorgoroth Platten tiefschwarze Gefühle über den Rücken laufen. Auf der anderen Seite wurde man Zeuge von lächerlichen Posen, verbalen Provokationen (sowohl vom Sänger als auch von den Fans), die sogar in kurzer Gewalt ausarteten und in einem brennenden T-Shirt und einem darauffolgenden Faustschlag gipfelten. Bei allem nötigen Respekt gegenüber einer persönlichen Affinität zu der Musik und dem damit einhergehenden Lebensstil, so muss ich sagen, dass ich die Umsetzung auf der Bühne mit eigener Leibwache in Form von maskierten Statisten, dem unglaublichen Gepose und Provozieren alles andere als ernst nehmen kann. Mögen Fans damit glücklich werden.

Nachdem das Spektakel vorbei und alle Akteure ohne irgendein Wort zu verlieren die Bühne verlassen hatten, so wurde es Zeit für den Headliner des Abends. Die mächtigen Grave aus Schweden, Legenden des europäischen Old-School-Death enterten die Bühne und spielten sich quer durch die inzwischen über 25 jährige Bandgeschichte. Headbanger kamen voll auf Ihre Kosten, die Haare flogen und die Gehörgänge wurden aufs Beste durchgepustet. Auch wenn der Hit „Soulless“ dieses Mal nicht den Weg auf die Setlist gefunden hatte, so machten doch andere Klassiker wie „Into The Grave“ oder „You'll Never See“ diesen Umstand mehr als wett. Ein würdiger Headliner für ein abwechslungreiches und an sich starkes Festival. Nach den altlastigen Todestönen wurde es noch einmal Zeit für klassischen Heavy Metal in Form der Maiden- Coverkombo Tarantel, die den Fans, die des Mitsingens noch nicht müde waren, ordentlich einheizten. Hymnen wie „The Trooper“, „Run To The Hills“ oder „The Number Of The Beast“ schallten durch die Nacht über den Campingplatz und markierten so das tatsächliche Ende zweier spaßiger Tage auf einem Feld im sächsischen Torgau. Es wurde noch bis in die frühen Morgenstunden mit Musik aus der Konserve gefeiert, allerdings machten sich auch schon einige müde aber glückliche Metaller auf den Heimweg.


Grave – Dominion VIII

Eines der am hellsten strahlenden Lichter im Tümpel der aggressiven Musik ist sicherlich die Band Grave. Genau jene brachten diesen Frühsommer ihr neues Werk „Dominion VIII“ unters Volk. Um es kurz zu machen: So muss Old School Death Metal klingen.

So und nicht anders habe ich mir die CD erhofft und wurde belohnt. Tief gestimmte Gitarren hauen hier ein Mörderriff nach dem anderen aus den Boxen, das Schlagzeug ist warm und organisch produziert, ohne jedoch die benötigte Spritzigkeit zu vernachlässigen. Das Gegrunze von Meister Ola Lindgren ist sowieso über jeden Zweifel erhaben. Insgesamt haben uns die Jungs aus Visby hier neun Tracks spendiert.

Damit erreichen sie eine knappe Dreiviertelstunde wunderbarstem Death Metal, der erstmal eine gewaltige Duftmarke setzt. Ich bin gespannt, ob diese CD in nächster Zeit einen würdigen Konkurrenten findet. Am besten finde ich den Quasi- Titeltrack „8th Dominion“, der schon aufgrund seiner Stellung als letzter Song eine tragende Rolle spielt. Zusätzlich ist er mit seinen siebeneinhalb Minuten auch der längste und abwechslungsreichste Titel. Dennoch ist er „nur“ primus inter pares.

Dieses Faktum und die Liebe zum Detail, die sich zum Beispiel auch im Coverartwork wiederfindet, welches mal wieder erste Sahne ist, berechtigen für meinen Geschmack eine recht hoch angesetzte Note. Somit vergebe ich 4,5 von 5 möglichen Gitarren für ein wahres Highlite des Genres.

Grave – As Rapture Comes

Das ist zwar alles nicht sonderlich emotional oder aufregend, aber irgendwie würde man diese Dinge auch vermissen wenn sie nicht da wären. Gleiches gilt für die schwedischen Todesbleier von Grave.

Das dritte Album nach dem Comeback im Jahre 2002 katapultiert einen dann auch gleich nach den ersten Minuten mit einem gehörigen Arschtritt in die frühen 90er, als schwedischer Death Metal noch schwedischer Death Metal war. Die heute so hippe Götheborg Szene steckte noch in den Kinderschuhen und Bands wie Nihilist, Entombed, Dismember oder eben Grave beglückten die Welt mit bis in den Keller gestimmten Gitarren, einem Mördergroove und einer ziemlich einzigartigen Atmosphäre. Das war damals revolutionär, wirkt heut aber bisweilen etwas altbacken. Nichtsdestotrotz kann man mit “As Rapture Comes“ und speziell mit Nummern wie dem wirklich starken Opener “Burn“, dem sehr variablen “By Demons Bred“ oder dem überragenden Titleltrack eine Menge Spaß haben und eine Zeitreise in die Vergangenheit machen. Hinzu kommt noch ein wirklich superber Sound, der druckvoll und differenziert daherkommt, für welchen die Band höchst persönlich verantwortlich ist (man nahm im bandeigenen Soulless Studio auf). Lediglich den Endmix überließ man dann doch einem Profi, und zwar niemand geringerem als Peter „Saufziege“ Tägtgren.Für Fans des klassischen Schwedentod ein Muss, alle anderen sollten erst mal ein bis zwei Ohren riskieren.


IFOA 2013 Fazit

Nun bleibt es nur noch abzuwarten inwiefern die unschöne Diebstahlaktion und die damit verbundene Problematik die Organisation für das IFOA im nächsten Jahr beeinflussen. Sollte es aber wieder ein so großartiges Line-Up geben, so ist der Weg auch aus unserer Region für dieses einmalige Festival, auf dem man als Fan Freiheiten besitzt, die heutzutage keinesfalls selbstverständlich sind, keinen Meter zu weit.

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Autor: Michael und der Archivader

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