Cannabis-Legalisierung: eine Menschenrechtsfrage?

Seit Jahren wird in Deutschland über eine Legalisierung von Cannabis diskutiert. Während Befürworter:innen vor allem Argumente wie die Entlastung der Justiz und die mögliche Steigerung der Steuereinnahmen anführen, sehen Gegner:innen vor allem die gesundheitlichen Risiken und die möglichen Auswirkungen auf Jugendliche. Doch eine Frage, die bislang eher selten in den Fokus der Debatte gerückt ist, betrifft die rechtliche Dimension: Ist die Legalisierung von Cannabis ein Gebot der Menschenrechte?

Cannabis-Legalisierung: eine Menschenrechtsfrage?

Cannabis-Legalisierung: eine Menschenrechtsfrage?
Cannabis-Legalisierung: eine Menschenrechtsfrage?

Ein Gutachten im Auftrag Bayerns kommt hierzu zu einem klaren „Nein“. Laut dem Jura-Professor Bernhard Wegener von der Uni Erlangen-Nürnberg würde eine Legalisierung gegen Europarecht und einschlägige UN-Abkommen verstoßen. Doch eine zum gegenteiligen Ergebnis kommende, noch unveröffentlichte juristische Untersuchung zweier Wissenschaftler:innen der Universität Nimwegen könnte der Bundesregierung Rückendeckung für ihr Legalisierungsvorhaben geben.

Menschenrecht auf Schutz der Gesundheit

Die beiden Wissenschaftler:innen, Prof. Masha Fedorova und Prof. Piet Hein van Kempen, haben in ihrer Untersuchung vor allem den EU-Rahmenbeschluss 2004/757/JI sowie die verschiedenen UN-Suchtstoffübereinkommen geprüft. Dabei sind sie zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einführung eines staatlich kontrollierten, nationalen Lizenzsystems für Genusscannabis durch einen EU-Mitgliedstaat unter bestimmten Voraussetzungen europa- und völkerrechtlich möglich ist.

Allerdings müssten mehrere Bedingungen erfüllt sein. So dürfe die Legalisierung keine grenzüberschreitenden Auswirkungen haben oder die transnationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des grenzüberschreitenden Drogenhandels behindern. Zudem müsste das Lizenzsystem einen Beitrag zur Suchtprävention leisten und die erforderlichen verwaltungs- und strafrechtlichen Maßnahmen vorsehen, um den grenzüberschreitenden illegalen Drogenhandel zu verhindern und zu bestrafen.

Die größere Hürde stellen allerdings die UN-Suchtstoffübereinkommen dar. Diese lassen im Prinzip weder eine Legalisierung noch eine politisch begründete Duldung des Anbaus, Vertriebs und Verkaufs von Cannabis für den nichtmedizinischen Markt zu. Der Gebrauch von Betäubungsmitteln soll ausschließlich auf medizinische und wissenschaftliche Zwecke beschränkt bleiben.

Doch die beiden Wissenschaftler:innen halten diese UN-Hürden dennoch für überwindbar. Unter Bezugnahme auf die Menschenrechte argumentieren sie, dass eine regulierte Erlaubnis für den Cannabisanbau und -handel eine bessere Möglichkeit schaffe, die grundlegenden Menschenrechte zu garantieren. Ein Staat könne sogar dazu verpflichtet sein, den Cannabisanbau und -handel für Genusszwecke im Rahmen einer Regulierung zuzulassen, wenn eine solche Regulierung das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Leben, das Recht auf körperliche und psychische Unversehrtheit und das Recht auf Privatsphäre besser schützt als eine prohibitive Drogenpolitik.

Priorisierung der positiven Menschenrechtspflichten

Die Autor:innen der Untersuchung kommen zu dem Fazit, dass der Konflikt zwischen den Verpflichtungen aus den internationalen Menschenrechtsabkommen und den internationalen Suchtstoffübereinkommen zugunsten einer Priorisierung der positiven Menschenrechtspflichten auflösbar sein sollte. Das bedeutet, dass ein Staat seine Verpflichtung zum Schutz der grundlegenden Menschenrechte über die Verpflichtung zur Einhaltung der Suchtstoffübereinkommen stellen sollte.

Allerdings sind die Ergebnisse der Untersuchung bisher noch nicht abschließend geklärt. Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesregierung auf die verschiedenen Gutachten und Untersuchungen reagieren wird und ob sie eine Legalisierung von Cannabis in Deutschland tatsächlich umsetzen wird. Die Diskussionen und Debatten werden sicherlich noch weitergehen.

Legalisierung von Cannabis ein Gebot der Menschenrechte

Die Frage, ob die Legalisierung von Cannabis ein Gebot der Menschenrechte ist, lässt sich nicht einfach beantworten. Es gibt gute Argumente sowohl für als auch gegen eine Legalisierung. Die rechtliche Dimension der Debatte ist jedoch nicht zu vernachlässigen. Die Untersuchung der Wissenschaftler:innen der Universität Nimwegen zeigt, dass eine Legalisierung unter bestimmten Bedingungen europa- und völkerrechtlich möglich sein könnte. Allerdings sind die UN-Suchtstoffübereinkommen eine große Hürde, die es zu überwinden gilt.

Letztendlich muss jedoch auch die gesundheitliche Dimension der Debatte berücksichtigt werden. Eine Legalisierung von Cannabis kann gesundheitliche Risiken mit sich bringen, insbesondere für Jugendliche. Es ist daher wichtig, dass eine Legalisierung im Rahmen eines umfassenden Präventionskonzepts erfolgt, das den Schutz der Gesundheit und das Wohlergehen der Bevölkerung in den Mittelpunkt stellt.



Gemeinsam für eine Änderung der Cannabis-Rechtslage: Eine Option zur Überwindung völkerrechtlicher Hindernisse

Die Debatte um die Legalisierung von Cannabis zur Verwendung zu Genusszwecken geht in Deutschland und Europa weiter. Doch obwohl immer mehr Staaten eine Legalisierung durchführen, gibt es noch immer viele internationale Hindernisse. Um dies zu überwinden, schlagen einige Experten vor, dass sich Gleichgesinnte zusammenschließen und auf eine Änderung der Rechtslage hinwirken.

Zusammenschluss mit anderen Ländern auf Grundlage des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge

Nach Meinung von Experten wie Fedorova und van Kempe könnte ein Zusammenschluss mit anderen Ländern eine Möglichkeit sein, um die völkerrechtlichen Hindernisse beim Thema Cannabis zu überwinden. Diese Gleichgesinnten Staaten könnten sich auf Grundlage von Artikel 41 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge zusammentun und auf eine Änderung der Rechtslage hinwirken. Eine solche Änderung könnte die UN-Suchtstoffübereinkommen so modifizieren, „dass sie für die Staaten kein Hindernis mehr darstellen, z. B. den Anbau, Vertrieb und Verkauf von Cannabis für Genusszwecke zu erlauben, wenn dies im Rahmen eines von diesem Staat eingerichteten nationalen Lizenzsystems erfolgt.“

Keine Zuständigkeit der EU in Bezug auf das UN-Übereinkommen

Das Vorhaben der Ampel-Regierung, Cannabis zu Genusszwecken an Erwachsene auf staatlich streng kontrolliertem Wege freizugeben, wurde von Europarechtlern zuletzt immer wieder als europarechtswidrig beurteilt. Doch die Autor:innen des Vorschlags argumentieren, dass die EU selbst Vertragspartei des UN-Übereinkommens gegen den unerlaubten Verkehr ist und dies kein Problem darstellt. Denn die EU habe derzeit keine Zuständigkeit in Bezug auf das Abkommen beansprucht, welche sich auf die Einführung eines nationalen Lizenzsystems für Genusscannabis erstrecken würde.

Bestelltes Bayerisches Gutachten: „Vertragswidriger Verstoß gegen UN-Abkommen“

Doch nicht alle sind dieser Meinung. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetscheck (CSU) stellte kürzlich ein Gutachten des Rechtswissenschaftlers Prof. Bernhard Wegener von der Uni Erlangen-Nürnberg vor, das zu dem Ergebnis kommt, dass die von der Bundesregierung geplante Cannabis-Legalisierung völker- und europarechtlichen Vorgaben widerspricht. Laut dem Gutachten verstoße das Projekt vor allem gegen die Übereinkommen der UN zur Drogenbekämpfung. Die UN-Drogenkontrollorgane bewerten eine umfassende Cannabis-Legalisierung der von der Bundesregierung geplanten Art in ständiger Entscheidungspraxis als vertragswidrigen Verstoß gegen die UN-Übereinkommen zur Drogenbekämpfung.

Professor Wegener sagte in München: „Das Legalisierungsvorhaben der Bundesregierung ignoriert die völker- und europarechtlichen Grenzen nationaler Drogenpolitik. Dieser international und europäisch nicht abgestimmte Sonderweg ist deshalb rechtlich überaus riskant und droht selbst die von der Bundesregierung verfolgten Ziele von vornherein zu verfehlen.“

Bislang sind die Meinungen also geteilt. Während einige Experten die Möglichkeit sehen, durch den Zusammenschluss mit anderen Ländern eine Änderung der Rechtslage zu erreichen, sehen andere die Gefahr, dass eine Legalisierung von Cannabis zur Verwendung zu Genusszwecken gegen internationale Verträge verstößt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will das Vorhaben von der EU-Kommission prüfen lassen und bis Ende März einen eigenen Gesetzentwurf und ein weiteres Gutachten vorlegen. Auch das Bundesverfassungsgericht wird bis zum Frühsommer über diverse Richtervorlagen zum Thema Cannabis entscheiden.

Fazit

Die Debatte um die Legalisierung von Cannabis zur Verwendung zu Genusszwecken ist komplex und international umstritten. Während einige Experten die Möglichkeit sehen, durch den Zusammenschluss mit anderen Ländern eine Änderung der Rechtslage zu erreichen, sehen andere die Gefahr, dass eine Legalisierung von Cannabis zur Verwendung zu Genusszwecken gegen internationale Verträge verstößt. Die Meinungen sind geteilt und es bleibt abzuwarten, wie sich die Debatte in Zukunft entwickelt. Bislang steht die Ampel-Regierung in Deutschland vor großen Herausforderungen, um eine umfassende Legalisierung von Cannabis durchzuführen, ohne gegen internationale Verträge zu verstoßen.

Quelle / Infos: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/cannabis-legalisierung-gutachten-van-kempen-fedorova-nimwegen-europarecht-voelkerrecht-holetschek-wegener/

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Autor: Canna-Chad Gregor Paul Thiele

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