Am 1. April 2024 trat das Cannabisgesetz (CanG) in Kraft – ein Gesetz, das nach langem Ringen, hitzigen Debatten und gesellschaftlichem Diskurs verabschiedet wurde.
Ein Jahr Cannabisgesetz: Erste Bilanz und politische Realität

Es markiert einen historischen Wendepunkt in der deutschen Drogenpolitik. Trotz seiner Schwächen stellt es in der Praxis einen klaren Fortschritt dar. Die Entkriminalisierung von Millionen Konsumierenden wurde erstmals gesetzlich verankert, ein entscheidender Schritt zur Entstigmatisierung.
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik für das Jahr 2024 ist die Zahl der Ermittlungsverfahren im Bereich Cannabis deutlich zurückgegangen – um exakt 114.520 Fälle. Das entspricht einem Rückgang von über 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies zeigt, dass durch Entkriminalisierung nicht nur das Justizsystem entlastet, sondern auch polizeiliche Ressourcen freigesetzt werden.
Eigenanbau und Besitz: Was das Gesetz erlaubt
Das CanG erlaubt es volljährigen Personen, bis zu 25 Gramm Cannabis im öffentlichen Raum sowie bis zu 50 Gramm im privaten Bereich zu besitzen. Außerdem ist der Anbau von bis zu drei Pflanzen zum Eigenbedarf erlaubt. Zusätzlich eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, Cannabis in sogenannten Anbauvereinigungen – gemeinhin bekannt als Cannabis-Clubs – gemeinschaftlich anzubauen. Damit wurde ein pragmatischer Umgang mit dem Thema gefunden, der an der Lebensrealität vieler Menschen orientiert ist.
Unbegründete Ängste und politische Rückschritte
Entgegen vielfacher Behauptungen hat das neue Gesetz weder zu einem sprunghaften Anstieg des Cannabiskonsums noch zu einer Expansion des Schwarzmarktes geführt. Dennoch kündigen CDU und CSU in ihrem aktuellen Wahlprogramm die Rückabwicklung des CanG an. Sie verweisen dabei auf unbelegte Argumente und bedienen sich altbekannter Narrative aus Zeiten der strikten Prohibition.
Dabei wird übersehen, dass die illegale Verfügbarkeit von Cannabis schon vor Inkrafttreten des Gesetzes sehr hoch war. Das CanG hat hier vielmehr einen rechtssicheren Rahmen geschaffen, der Risiken minimiert und Prävention sowie Aufklärung ermöglicht.
Ideologie statt Wissenschaft: Rückkehr zu alten Denkmustern?
Der Vorschlag, das CanG zurückzudrehen, basiert weniger auf Fakten als auf ideologischen Grundhaltungen. Dabei ist wissenschaftlich längst belegt, dass Prohibition keinen nennenswerten Einfluss auf die Konsumrate hat – wohl aber auf die Kriminalisierung von Bürgerinnen und Bürgern. Gerade deshalb ist es so wichtig, die Drogenpolitik an Fakten, Forschung und gesellschaftlichen Realitäten auszurichten und nicht an populistischen Reflexen.
Die Rolle des/der Bundesbeauftragten für Sucht- und Drogenfragen
Seit Januar 2022 bekleidet Burkhard Blienert das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen. Seine Amtsführung gilt in Fachkreisen als sachkundig, ausgewogen und offen für neue Entwicklungen. Unter seiner Leitung wurde unter anderem das Eckpunktepapier zur Neuausrichtung der Drogenpolitik in Deutschland erstellt – unter Einbeziehung von Fachleuten aus Medizin, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.
Fachliche Kontinuität und Verantwortung statt struktureller Kürzungen
Im Zuge aktueller Regierungspläne wird die Abschaffung verschiedener Beauftragtenstellen in den Bundesministerien diskutiert – auch die des Drogen- und Suchtbeauftragten. Dies wäre ein fatales Signal in einer Zeit, in der Drogenkonsum und -abhängigkeit tiefgreifende gesellschaftliche Herausforderungen darstellen. Der Bedarf an fundierter Drogenpolitik ist größer denn je.
Drogenbedingte Todesfälle haben 2024 ein neues Rekordniveau erreicht, ebenso steigen Konsumraten synthetischer Substanzen und Kokain. Gerade in einem solchen Umfeld ist es unverzichtbar, eine fachlich gut aufgestellte und koordinierende Instanz in der Bundesregierung zu haben, die nicht nur symptomatisch reagiert, sondern strategisch vorausdenkt.
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Warum der Posten nicht abgeschafft werden darf
Der Drogen- und Suchtbeauftragte ist nicht nur ein Gesicht in der Öffentlichkeit – es handelt sich um eine koordinierende Schlüsselstelle zwischen Politik, Fachwelt, Verbänden und Konsumierenden. Die Drogenpolitik ist kein Nebenbereich, sondern ein zentraler Aspekt der öffentlichen Gesundheitspolitik, der Innenpolitik und nicht zuletzt der sozialen Gerechtigkeit.
Langfristige Perspektiven statt kurzfristiger Sparpolitik
Die Abschaffung dieser Position mag auf dem Papier fiskalisch attraktiv erscheinen, ist aber auf lange Sicht kontraproduktiv. Ohne zentrale Steuerung droht die Zersplitterung von Kompetenzen und das Fehlen einer einheitlichen Linie im Umgang mit drogenpolitischen Themen. Gerade wenn neue Herausforderungen – wie zum Beispiel neue psychoaktive Substanzen oder Digitalisierung im Drogenerwerb – auftreten, braucht es strukturierte, institutionalisierte Antworten.
Gemeinsames Plädoyer zivilgesellschaftlicher Akteure
In einem gemeinsamen Appell fordern zahlreiche Organisationen, darunter LEAP Deutschland, der Deutsche Hanfverband, Akzept e.V., JES Bundesverband, der Schildower Kreis sowie die Deutsche Aidshilfe, den Fortbestand der Beauftragtenstelle. Sie sprechen sich für eine evidenzbasierte, moderne und verantwortungsvolle Drogenpolitik aus, in deren Zentrum der Mensch steht – nicht Ideologie oder Strafverfolgung.
Die Forderung ist klar: Burkhard Blienert soll auch unter der kommenden Bundesregierung im Amt bleiben. Sein Wirken steht exemplarisch für einen Politikstil, der zuhört, vernetzt und auf wissenschaftlicher Grundlage agiert – weit entfernt von populistischen Schnellschüssen oder rückwärtsgewandten Debatten.
Fazit: Eine evidenzbasierte Drogenpolitik braucht eine starke Stimme
Die Zukunft des Cannabisgesetzes und der gesamten deutschen Drogenpolitik hängt maßgeblich davon ab, ob sie faktenbasiert und sachlich weiterentwickelt wird – oder ob sie ideologisch zurückgedreht wird. Der massive Rückgang der Ermittlungsverfahren zeigt bereits, dass Entkriminalisierung wirkt. Doch das ist nur ein erster Schritt.
Für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Drogenpolitik ist die Funktion eines/r Bundesbeauftragten für Sucht- und Drogenfragen nicht verzichtbar. Sie sorgt für Kontinuität, Koordination und Fachlichkeit in einem Politikfeld, das Millionen Menschen betrifft. Deshalb ist es im Interesse der gesamten Gesellschaft, diese Funktion zu erhalten – und weiter zu stärken.
Unterstützende Organisationen
– Akzept e.V.
– Deutscher Hanfverband
– JES Bundesverband e.V.
– LEAP Deutschland e.V.
– Schildower Kreis e.V.
– Deutsche Aidshilfe
Quelle / Infos: https://leap-deutschland.de/pressemitteilung/
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Autor und Bild: Canna-Chad Gregor Paul Thiele
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