Interview mit Alexander Kaschte (Mastermind hinter Samsas Traum) 12.11.2007

Ein Interview aus OsnaMetal.de-Zeiten mit Alexander Kaschte (Mastermind hinter Samsas Traum) aus dem Jahre 2007 aus dem OM-Offline-Archiv.

Exklusiv-Interview mit A.K. (Alexander Kaschte, Samsas Traum)

Interview mit Alexander Kaschte (Samsas Traum/Weena Morloch) 01.10.2011
Interview mit Alexander Kaschte (Samsas Traum/Weena Morloch) 01.10.2011

OM: Hallo Alexander! Vielen Dank erst mal, dass du dir Zeit für dieses Interview mit OsnaMetal.de genommen hast. Wie geht es dir heute?

A.: Danke, mir geht es sehr gut. Heute Vormittag standen zwei Interviews mit Russland auf dem Programm, danach habe ich sehr lange Gitarre gespielt – gefolgt von einem Stadtbummel durch Wien. Gerade hat meine Freundin eine vegane Lasagne ins Backrohr geschoben, hier riecht es köstlich – ich bin wunschlos glücklich.

OM: Lass uns keine Zeit vertrödeln, sondern gleich am Anfang zum Anlass dieses Interviews kommen: Das RockHard Review zu eurer neuen Scheibe „Heiliges Herz – Das Schwert deiner Sonne“, das wenig positiv ausgefallen ist. Wie hast du davon erfahren?

A.: Ich habe die Rezension von meinem Promoter einen Monat vor ihrem Erscheinen per Email zugeschickt bekommen. Wenn man die Presse über eine namhafte Agentur mit einer neuen Veröffentlichung bemustern lässt, haben die Magazine ihre Besprechungen im Vorfeld abzuliefern – als Beweis dafür, dass das Material angekommen ist und rezensiert wird.

Für meinen „offenen Brief“ – der nicht wirklich als solcher gedacht war, ich verstehe ihn mehr als essayistisches Entertainment für meine Fans – habe ich aber weitaus weniger Zeit als einen Monat gebraucht. Ich habe ihn einen Tag vor dem Erscheinungstermin des Rock Hard verfasst.


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OM: Die Redakteurin Conny Schiffbauer baut darin ein Bild auf, dass vor allem auf der altbekannten Herr der Ringe Metaphorik basiert. Hast du irgendeine Erklärung dafür, wie sie zu diesem Vergleich kommt?

A.: Im ersten Augenblick bin ich davon ausgegangen, dass Conny Schiffbauer auf die in meiner jeder Promo-Cd beiliegenden Band-Biographie anspielt, in welcher erwähnt wird, dass die Bandgründung von SAMSAS TRAUM in erster Linie einem Live-Album von BLIND GUARDIAN zu verdanken ist – ich habe „Tokyo Tales“ 1996 in einer Zeit zu hören bekommen, in der ich das Musikmachen eigentlich an den Nagel hängen wollte. Das Album hat mir viel Mut gemacht – ich wollte mir die Anerkennung, die BLIND GUARDIAN während der mitgeschnittenen Show durch ihre Fans zuteil wurde durch eigene Musik erarbeiten und habe mich deshalb dazu entschlossen, nicht aufzugeben.

Als nächstes habe ich hinsichtlich der Rock Hard-Rezension vermutet, dass Conny vielleicht auf den Anfang des Stücks „Das Schwert Deiner Sonne“ anspielt, bei dem ich mich des selben Gesangsstils wie Varg Vikernes bediene – um der Musik von BURZUM Tribut zu zollen. Auch wenn jedem vernunftbegabten Menschen klar sein muss, dass des Grafen politische Gedanken kompletter Schwachsinn sind, so hat er doch zweifelsohne Musik erschaffen, die bis heute hinsichtlich ihrer Intensität ihresgleichen sucht. Doch weit gefehlt – auch das war nicht der Grund für den „Herr der Ringe“-Vergleich.

Ich will es kurz machen, denn mittlerweile bin ich schlauer: ich hatte die unglaubliche Ehre auf der Geburtstags-Party zum 20jährigen Bestehen von NUCLEAR BLAST Frau Schiffbauer vorgestellt zu werden. Und was soll ich sagen: für Conny war die Begegnung äußerst unfreiwillig, sie ist vor Peinlichkeit und Scham fast im Boden versunken und hat sogar ein wenig geschrieen. Meinen polemischen und sarkastischen Adern wurden in einem 10 Minuten langen Gespräch Energien zugeführt, die bis ans Ende meines Lebens reichen sollten: „Ich habe einfach einen Aufhänger gebraucht“, hat Conny zugegeben.

Herzlichen Glückwunsch, ich bin tatsächlich freundlich geblieben. Wir müssen witzig ausgesehen haben, die Frau ist nicht einmal halb so groß wie ich.

OM: Positiv hebt sie erst einmal das knackige Drumming hervor, dass überraschenderweise von Adrian Erlandsson stammt, nachdem Moritz Neuner seine Spuren bereits eingespielt hatte. Diese wurden dann aber später wieder gelöscht. Warum?

A.: Moritz hat einfach nicht die Leistung erbracht, die ich mir für mein Album gewünscht habe – er hat auf Grund einer Vielzahl musikalischer Aktivitäten und seiner Tätigkeit als Booker von Atrocity und Leave’s Eyes nicht die Kapazitäten gehabt, sich besser auf die Aufnahmen vorzubereiten. Ich habe mir mit der Entscheidung, Moritz zu löschen, lange Zeit schwer getan und viele Versuche unternommen, die Aufnahmen zufrieden stellend verwerten zu können, aber Moritz’ Stil und die gesamte Ästhetik haben schlussendlich nicht zu meiner Vision von „Heiliges Herz“ gepasst.

Fredrik hat mir dazu geraten, keine weitere Zeit zu vergeuden und das Album von einem anderen Drummer einspielen zu lassen. Er hat den Kontakt zu Adrian hergestellt – nachdem dieser meine Demos gehört hat, war schnell klar, dass er die Platte einspielen würde, denn die Stücke haben ihm auf Anhieb gefallen.

OM: Nicht verstehen kann ich hingegen Connys Kritik an den Gesangslinien, die sich wieder einmal durch eine hohe Poetizität auszeichnen. Gibt es ein lyrisches Konzept hinter dem Album?

A.: Ein lyrisches Konzept war nicht beabsichtigt, aber als das fertige Album vorlag, ist mir die häufige Verwendung der Elemente und Naturgewalten aufgefallen, mit denen ich meine Gefühle auf metaphorische Art und Weise zum Ausdruck zu bringen versucht habe. Vielleicht hat mich die martialische Atmosphäre der Musik unterbewusst dazu bewegt – ich habe allerdings, was will man auch anderes von mir erwarten, bewusst auf die üblichen Black Metal-Textbausteine verzichtet, da ich in der Verbindung meiner Lyrik mit Black Metal einen Anreiz sah, etwas Neues und Innovatives zu erschaffen.

Black Metal hat für mich nichts mit Satanismus, Headbanging, Bier trinken und lärmender Musik zu tun, ich verstehe Black Metal in erster Linie als philosophisches und höchst disziplinäres Betätigungsfeld – was sich wahrscheinlich ebenfalls in meinen Texten niedergeschlagen hat.

OM: Ein Kritikpunkt der nicht nur vom Rock Hard vertreten wird ist hingegen auch das Songwriting, das bestenfalls als unispiriert oder langweilig bezeichnet wird. Gibt dir dieser fast schon flächendeckende Konsens in der Fachpresse nicht zu denken?

A.: Nein, das Album beinhaltet eine Auswahl großartiger und gut geschriebener Songs – „Heiliges Herz“ ist, auch wenn es den Hörer im ersten Augenblick überfährt und wie eine einstündige Blast Beat-Orgie wirkt, eine sehr abwechslungsreiche Platte. Höre sie genauer an und Du wirst viele Details und Spielereien entdecken, die sich nicht auf Anhieb erschließen.

Leider verstehe ich nicht, warum Du von einem „fast schon flächendeckenden Konsens“ redest. Das Orkus-Magazin hat mir satte zehn von zehn Punkten verpasst, im Gothic und Sonic Seducer werden meine neuen Alben in ähnlicher Art und Weise gehuldigt. Das Legacy bezeichnet „Heiliges Herz“ als „lupenreines Black Metal-Werk nach norwegischer Prägung“ mit „deutlichem Darkthrone- und Mayhem-Einschlag“. In einem renommierten Online-Magazin lässt man sich sogar zu Sätzen wie „Auf der anderen Seite ist Samsas Traum hier ein Geniestreich gelungen, der sich in punkto brachialer Intensität auf einem Level mit dem bisher unerreichten „Storm of the Light's Bane“ von Dissection bewegt, über das ja bis heute noch diskutiert wird, ob es nun Black Metal ist oder nicht“ oder „Songs wie „Auf den Spiralnebeln“ und „Durch springende Lippen“ sind episch und symphonisch wie Emperor zu ihren besten Zeiten“ hinreißen.

Wir haben schon immer polarisiert, und ich bin sehr glücklich darüber, dass mir dies mit „Heiliges Herz“ und „Wenn schwarzer Regen“ einmal mehr gelungen ist – es gibt niemanden im Metal- oder Gothic-Sektor, über den sich so gut reden lässt wie über mich.

Und um noch den von Dir verwendeten Begriff „Fachpresse“ anzusprechen:

Ein Musikjournalist hat sich meiner Meinung nach auf hermeneutische Art und Weise einer Band respektive einem Album zu nähern. Er soll darüber schreiben, warum ihm ein Album gefällt – oder warum es in seinen Ohren keinen Anklang findet. Über die Qualität eines Musikjournalisten entscheidet – wie der Begriff aufzeigt – entweder das Studium der Musikwissenschaft und des Journalismus oder die belegbare Fähigkeit, sich einfühlsam und objektiv mit Musik auseinander setzen zu können. Hinsichtlich aller anderen im Zusammenhang mit Musik stehenden Gebiete hat ein Musikjournalist den Mund, die Finger oder den Stift ruhig zu halten.

Die Noten, das Arrangement, die Strukturen, das Songwriting, die Qualität der Aufnahme, die simple Praxis – all das sind Dinge, von denen ein Musikjournalist nichts versteht – und die ihn auch nicht das Geringste angehen. Wenn ein Musikjournalist trotzdem beansprucht, fundiertes Wissen über das Komponieren, Spielen und Aufnehmen von Musik zu besitzen, so frage ich mich, warum er nicht Musiker wird, denn dann kann er beweisen, dass er der bessere Künstler ist. Ich bin in den letzten 11 Jahren vielen gescheiterten Instrumentalisten, Sängern, Selbstdarstellern und Studenten begegnet, die sich in Musikzeitschriften auf Grund der ihnen zugeteilten vermeintlichen Macht mittels Buchstaben über Bands heben wollten und für einen lächerlichen Lohn, für Promo-CDs und Freikarten ihr eigenes Ego streichelten und zu profilieren versucht haben.

Viele dieser Menschen können – und das ist so nachweisbar wie schändlich – keine korrekten Sätze bilden. Ein (aus)gebildeter und studierter, in einem anderen Sektor tätiger Journalist würde niemals auf die Idee kommen, eine subjektive und unfundierte Meinung über weltpolitische Ereignisse in die Berichterstattung einfließen zu lassen. Er würde dafür im schlimmsten Falle mit dem Leben bezahlen. Seien wir also froh darüber, dass Gitarrenhälse immer länger und härter sein werden als Stifte.

OM: Auf diese weniger angenehme Rezension folgte dann auch eine entsprechende Antwort aus dem Haus Samsas Traum. Diese wird eingeleitet mit der Kritik daran, dass „Heiliges Herz – Das Schwert deiner Sonne“ von einer unbekannten Redakteurin und nicht von dem Redaktions Veteranen Götz Kühnemund zerrissen wurde. Auf der anderen Seite kann natürlich nicht jede Scheibe von ihm – der sich hauptsächlich mit den großen Veröffentlichungen beschäftigt – besprochen werden. Überschätzt du nicht ein wenig die Wichtigkeit von Samsas Traum?

A.: Du nimmst meinen „offenen Brief“ sehr ernst und wörtlich, sehe ich das richtig?

In aller Deutlichkeit: mir ist es egal, welcher Rock Hard-„Musikjournalist“ meine Alben in der Luft zerreißt, wir werden die Akte Rock Hard immer gewinnbringend und effektiv auszuschlachten wissen. Es wäre mir lediglich die delikatere Ehre gewesen, Götz Kühnemund persönlich ans Bein zu pinkeln – er hat schlicht und ergreifend den größeren Namen, und die Strafen für Majestätsbeleidigung sind höher als die für Beamtenbeleidigung.

OM: Weiter geht es mit einem Angriff auf die Redakteurin Conny Schiffbauer. Sie hat sicherlich eine nicht sehr gute Rezension geschrieben. Allerdings ist in so etwas auch immer eine gehörige Portion Subjektivität enthalten. Dieser Eindruck ist bei ihr nun einmal nicht sehr gut. Wäre es nicht einfacher gewesen zu sagen: „OK. Die mag uns nicht, aber unsere Fans wissen schon was sie an uns haben.“?

A.: Ich habe nicht über das Rock Hard respektive Conny Schiffbauer geschrieben, weil ich mich in meiner Ehre gekränkt oder in meinem Selbstbild beleidigt fühle – oder weil ich etwa glaube, dass das Rock Hard meine Platte missverstanden hat. Ich habe meinen „offenen Brief“ verfasst, weil das Rock Hard zu dämlich ist, mir den Ball NICHT zuzuspielen. Connys Rezension war die beste Marketing-Vorlage, die man mir hätte geben können, ich musste sie einfach aufgreifen. Jedes Wort, welches das Rock Hard über mich verliert, ist bares Geld, d.h. real verkaufte Einheiten wert – und was gibt es schöneres, als den Kühlschrank füllen zu können, indem man einem Schreiberlinchen verbal den Hintern versohlt? Darüber hinaus habe ich meinen Angriff auch zur Unterhaltung meiner Fans verfasst.

Ich liebe knifflige Wortgefechte und versuche, sie mit Humor zu führen – und zu schmücken.

OM: Diese Stellungnahme von Samsas Traum ist meiner Ansicht nach allerdings in einem Punkt verfehlt: Sie greift das Rock Hard und vor allem Conny Schiffbauer auf persönlicher Ebene an. Und das auf eine stark beleidigende Art und Weise. Bist du wirklich der Ansicht, dass man auf dieser Ebene eine konstruktive Diskussion über Musik führen kann?

A.: Nein – aber wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück. Wie Du an meinen obigen Ausführungen bemerken kannst, habe ich eine sehr geringe Meinung vom Großteil der mir bekannten Musikjournalisten. Grundsätzlich, und ganz von Conny abgesehen: Der Wert der durch einen Menschen verrichteten Arbeit darf einfach nicht am Status des Berufs, sondern an der Qualität der Arbeit gemessen werden. Ich habe allerdings den Eindruck, dass viele Magazine innerhalb der letzten 10 Jahre in Kooperation mit modernen Medienkonzernen – will heißen mit Plattenfirmen, Musiksendern, Filmverleihern, Videofirmen, Textil-, Schuh- und Spielkonsolenproduzenten – einen Zustand herbeigeführt haben, in dem sie dem Leser tatsächlich vorsetzen können, was sie wollen – selbst wenn es sich um den größten Mist handelt. Wenn ich mir aber eine Tageszeitung kaufe, möchte ich gut, richtig, objektiv und unparteiisch informiert werden – ein Anspruch, den nur noch wenige Redaktionen an ihre Hefte zu stellen scheinen.

Und wer hat eigentlich – vor allen Dingen in Anbetracht der derzeitigen, oben beschriebenen Situation – Musikjournalisten die Rechte von Diplomaten, das Recht auf Immunität zugesprochen? Jeder normale Mensch muss damit rechnen, dass man ihm, wenn er den Mund zu weit aufreißt, selbigen stopft. Conny hat eine dicke Lippe riskiert – dass die das wusste, habe ich an ihrer Reaktion bei unserem Zusammentreffen gemerkt. Sie hat allerdings nicht gewusst, mit wem oder was sie sich anlegt. Sie war verstört, weil sie wegen SAMSAS TRAUM Emails erhalten hat, in denen sie als „verschimmelte Fotze“ und „Straßenhure“ bezeichnet wurde.

Conny hat sich nicht einmal getraut mir zu sagen, wo sie genau herkommt – warum? Weil sie die Macht der Masse fürchtet, und die Masse ist in diesem speziellen Fall da, wo ich bin. Ich habe als Musiker Respekt verdient, den ich mir auf meine Weise eingefordert habe – erstens für mein musikalisches Schaffen und zweitens dafür, dass Menschen wie ich den Arsch von Menschen wie Conny letzen Endes überhaupt kacken lassen.

OM: Lass und nun einmal weg gehen von dieser Thematik. Daneben hast du in letzter Zeit auch noch Kritik an einigen anderen Institutionen geübt, die direkt mit Samsas Traum zu tun haben. Wegen technischer Probleme mussten Trisol einen Fanchat mit Samsas Traum verschieben, woraufhin auch das Label von dir mit wüsten Schimpftiraden eingedeckt wurde. Dabei sind technische Schwierigkeiten vorher leider nicht abzusehen. Warum bist du trotzdem so unbarmherzig mit deiner Plattenfirma ins Gericht gegangen?

A.: Trisol – besser gesagt: das ausführende, für den Chat zuständige Organ und die beteiligte Marketingfirma – haben den SAMSAS TRAUM-Chat insgesamt dreimal verschoben; aus Gründen, die ich zwar offiziell als technische Probleme oder Naturkatastrophen verpackt habe, die mir aber in Wirklichkeit von Anfang an als an den Haaren herbeigezogen, wenn nicht als erstunken und erlogen vorkamen!

Ich glaube, dass Terminstress, daraus resultierende mangelnde Vorbereitung, Unfähigkeit, wenn nicht sogar pure Blödheit die eigentlichen Gründe waren.

In Verbindung mit dem Umstand, dass Trisol „Heiliges Herz“ ganze sechs Monate lang haben herumliegen lassen anstatt das Album zu veröffentlichen und dem Gefühl, dass entsteht, wenn einem Künstler seine Fans im Nacken sitzen und er ihre Ungeduld nachvollziehen, wenn nicht sogar teilen kann, kann der Frust über einen verschobenen Chat Kapriolen schlagen – und ich finde, dass Trisol für meine Verhältnisse noch mit einem blauen Auge davongekommen sind. Man darf nicht vergessen, dass ich immer der Bote zu sein durfte, der die Nachricht von einer weiteren Verschiebung zu überbringen hatte – und irgendwann ist die Peinlichkeit physisch wahrnehmbar, vor allem, wenn man sich die enttäuschten Gesichter dank Myspace bildlich vorstellen kann.

OM: Auch der Fanartikel Versand Infraot bekam sein Fett weg. Ohne Angabe von näheren Gründen wurde die Zusammenarbeit beendet. Wie kam es dazu?

A.: Hier musst Du etwas falsch verstanden haben. Ich habe per Newsmail verlautbaren lassen, dass wir sämtliches altes Merchandising durch Infrarot „ausverkaufen“ lassen, da es uns als „nicht zukunftskompatibel“ erscheint. Das heißt: weil mein Herz seit drei Jahren für nichts anderes als für Black Metal schlägt, kann ich es weder mit meiner Person noch mit dem Image meiner Band vereinbaren, weiterhin Artikel zu verkaufen, auf denen niedliche Zebras oder die Aufdrucke „K.haosprinz“ und „Wind-Prinzessin“ zu lesen sind.

Unser Merchandising wird sich unserer Musik und meiner Entwicklung angleichen – um mich frei von der Vergangenheit fühlen zu können, müssen die Altlasten über Bord geworfen werden. Ich drücke mich oft sehr bildlich, kompliziert und gewollt diffus aus – Du bist nicht der erste, der die Newsmail bzgl. Infrarot missverstanden hat. Infrarot haben immer gute Arbeit geleistet und werden auch in Zukunft – trotz der Wiedereröffnung unseres eigenen Merchandising-Online-Shops Gothicon – ausgewählte Artikel meiner Band in ihrem Sortiment führen dürfen.

OM: Dann lass uns abschließend noch einmal auf das Samsas Traum Line-Up zu sprechen kommen. Auf dem Drumhocker sitzt bei euch neuerdings Adrian Erlandsson. Was hat euch dazu bewogen gerade ihn aufzunehmen?

A.: Um das Pferd von hinten aufzuziehen – ich bin ein großer Feind von Metal Core und äußerst entsetzt darüber, dass viele jüngere Musikhörer in Combos wie z.B. Caliban, Heaven Shall Burn und Neaera die Erfinder von tollen Gitarrenriffs, zweistimmigen Leads und keifendem Gesang sehen.

Meine Seele gehört Dissection, meine Liebe gilt Dark Tranquillity und At The Gates – und meine Toleranz wird von In Flames fast schon überstrapaziert. Demnach kannst du Dir vorstellen, wie ich modernem Metal gegenüberstehe: ich hasse ihn, und der Tag, ab dem es Ramones-, Misfits- und Iron Maiden-Shirts bei H&M gab war der Tag, ab dem ich glaubte, meine Pubertät mit Bomben und Granaten verteidigen zu müssen. Ich bin durch die Straßen gelaufen und habe nur gedacht: „Wenn die alle miteinander doch nur wüssten, dass es diese Musik schon viel früher, viel besser, ungetriggert und ohne Computerhaschereien gab…“

Von daher stellten sich mir all meine konservativen und traditionalistischen Nackenhaare vor Begeisterung zu Berge, als mir Fredrik am Telefon vorschlug, Adrian einzustellen – immerhin hat dieser Mann mit seiner damaligen Band eine ganze Generation geprägt. Keine Frage, dass ich ab diesem Zeitpunkt nicht weiter nach einem Schlagzeuger suchen wollte.

OM: Wie hat Adrian sich denn bisher in das Bandgefüge eingegliedert?

A.: Adrian hat sich sowohl bei den Aufnahmen zu „Heiliges Herz“ als auch auf der „Zwischen Himmel und Hölle“-Tour optimal eingegliedert. Er ist zwar ein vielbeschäftigter Drummer und sagt über sich selbst, dass er seinen eigenen Kopf vergessen würde, wenn dieser nicht angewachsen wäre, aber: Wie auch die anderen Musiker hat sich Adrian gänzlich in den Dienst von SAMSAS TRAUM gestellt und sämtliche bisherigen Schlachten zu meiner vollsten Zufriedenheit geschlagen.

OM: Könnte aus der Zusammenarbeit mit ihm eine längerfristige Angelegenheit werden?

A.: Gute Frage, nächste Frage – hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Adrian hat zwar deutlich signalisiert, dass er Interesse daran hat auch am nächsten SAMSAS TRAUM-Album mitzuwirken; wir haben uns aber noch nicht über Details unterhalten. Diese betreffen neben terminlichen Koordinationen auch den zukünftigen Stellenwert meiner Band und ihre Wertschätzung durch die einzelnen Mitglieder, anstehende Tourneen, den Entstehungsprozess der Stücke, simple Landesgrenzen und die gesamte Stilistik der Musik.

Mit anderen Worten: alot of talking needs to be done!

OM: Ausserdem seit ihr zur Zeit auf der Suche nach einem neuen Gitarristen für die Live Aktivitäten. Hat sich da schon etwas getan?

A.: SAMSAS TRAUM sind seit einigen Wochen vollzählig und haben die „Zwischen Himmel und Hölle“-Tour bereits in einer fast kompletten Besetzung gespielt.

Da Adrian durch Cradle Of Filth und At The Gates über unzählige Kontakte und Bekanntschaften verfügt, lies sich die Gitarristenfrage mit Leichtigkeit lösen. Die „Neuzugänge“ heißen Andrew Ongley und Stevie Lee, beide leben in London – ich bin mit ihnen sowohl musikalisch als auch zwischenmenschlich sehr glücklich und freue mich, dermaßen aktive und agile Mitstreiter gefunden zu haben.

OM: Nun gut. Dann wollen wir es damit für heute einmal bewenden lassen und zum Abschluss das altbekannte OsnaMetal.de Assoziationsspiel spielen. Die Regeln sind einfach: Ich sage dir ein Wort und du sagst mir, was immer dir dazu durch den Kopf schießt.

Black Metal

A.: …Disziplin, Disziplin, Disziplin.

Gothic

A.: …mehr „Schein“ als „Sein“.

Lyrik

A.: …anstrengend. An „Heiliges Herz“ habe ich lange getüftelt.

Selbstbildnis

A.:…das Gegenteil von dem, was viele glauben.

Samsas Traum

A.:…komplizierte Sache – sehr einnehmend.

Mitmenschen

A.: …Nein Danke.

Loyalität

A.:…Waffe gegen die moderne Welt.

Fairness

A.:…Ehre, wem Ehre gebührt.

Merchandise

A.:…Mittel zur Macht.

Österreich

A.:…Entwicklungsland.

Deutschland

A.:…gefühlskalt.

Osnabrück

A.:…lang ist’s her. Und: Secrets Of The Moon, oder?

OsnaMetal.de

A.:…lustige Fragen.

OM: OK. Das war es auch schon. Vielen Danke noch einmal dafür, dass du dir die Zeit genommen hast. Die letzten Worte gehören natürlich dir!

A.: Ich danke Euch für die Unterstützung und dieses Interview.

Auf bald!

Interview: Deathstorm
12.11.2007

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Autor: ArchiVader

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